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Zigarren und Zigarillos: Ein Einblick in die Welt des rauchigen Genusses

Es war der US-Schriftsteller Thornton Wilder, der befand: „Wenn ein Mann keine Laster hat, besteht die Gefahr, dass er seine Tugenden in Laster verwandelt“. Und auch wenn manche Menschen sämtliche Tabakprodukte so betrachten, als handle es sich um mit Plutonium versetztes Heroin, so lässt sich doch gerade bei Zigarren und Zigarillos nicht von der Hand weisen, dass dahinter teils erlesene und geschmacklich komplexe Genüsse stehen.

Doch wo verläuft eigentlich die Grenze zwischen diesen beiden Produkten? Und wie erkennt ein Gentleman, ob es sich um einen erlesenen Genuss für Mußestunden handelt, oder einen müffelnden Stumpen zweifelhafter Qualität? Das Scarabaeus Escort Magazin hat einen Blick durch die blaugrauen Rauchschwaden gewagt.

1. Zigarren und Zigarillos: Der kleine, große Unterschied

Die Endung „-illo“ deutet bereits an, dass es sich um eine spanischsprachige Verkleinerungsform handelt. Ergo: Der Zigarillo ist eine kleine Zigarre.

Zwar gibt es keine festen Abmessungslimits, allerdings sind Zigarillos in Sachen Länge und Durchmesser immer sehr dicht an einer herkömmlichen Zigarette – also maximal 100 Millimeter lang und zirka 8 Millimeter Durchmesser. Alles, was nicht deutlich länger und/oder dicker ist, ist ein Zigarillo.

Damit einher geht eine kurze Rauchdauer im Bereich von nur wenigen Minuten, wohingegen eine Zigarre durchaus ein Vergnügen für mehr als eine Stunde sein kann.

Das heißt, Zigarre und Zigarillo stehen also nicht durch ihre Begriffe für eine bestimmte Qualitätsstufe. Wohl aber tun das zwei andere Wörter:

2. Short- und Longfiller: Weit mehr als nur leere Begriffe

So mancher Gentleman dürfte wohl schon von jenen sagenumwobenen kubanischen Zigarren gehört haben, die auf den straffen Schenkeln kaffeebrauner Schönheiten gerollt werden – während die Señorita selbst die schönen Lippen um ein B-Ware-Stück schließt.

Gleich vorweg: Dabei handelt es sich nicht so sehr um Folklore, wie mancher glauben mag. Und alles erklärt sich mit den beiden Herstellungsmethoden:

  • Shortfiller:
    Hierbei wird nur je ein Um- und Deckblatt aus dem ganzen, fermentierten Tabakblatt als Außenhülle verwendet. Innen findet sich kleingeschnittener Tabak.
    Einerseits kann diese Methode maschinell durchgeführt werden. Andererseits müssen die Füllungen nicht aufwendig nach Größe und Dicke sortiert werden. Dadurch kann jeder beliebige Tabak genommen werden.
    Bei sogenannten Fehlfarben (die es auch bei Longfillern gibt), ist nicht einmal das Deckblatt von einheitlicher Farbe.
    Merke: Bis auf wenige Ausnahmen sind Shortfiller von kurzer Haltbarkeit, müssen bei normaler Raumluftfeuchtigkeit gelagert werden.
  • Longfiller:
    Hierbei handelt es sich um die Klassiker, die tatsächlich weitgehend handgefertigt werden (ja, in Kuba und angrenzenden lateinamerikanischen Tabaknationen tatsächlich vorzugsweise von Frauen).
    Alle Tabakblätter müssen nach Größe und Dicke sortiert werden (was u. a. durch die Lage am Stiel der Tabakpflanze bestimmt wird). Dann werden die Blätter nach dem Schneiden schichtweise zusammengerollt und hinterher mit einem Deckblatt verschlossen, das verleimt wird.
    Bis heute lässt sich das kaum maschinell durchführen, weil es hier so sehr auf manuelle Geschicklichkeit ankommt. Dementsprechend können sehr hochwertige Longfiller problemlos den Preis einer ganzen Stange Zigaretten erreichen – pro Stück, versteht sich.
    Merke: Longfiller müssen immer in einem Humidor bei konstanter Luftfeuchtigkeit gelagert werden. Darin können sie jedoch, ähnlich wie ein Scotch, über Jahre reifen.

Zwar gibt es durchaus Longfiller-Zigarillos. Aufgrund der geringen finanziellen Rentabilität sind diese jedoch eher selten.

3. Von Formen, Größen und den dahinterstehenden Begrifflichkeiten

Zigarillos sind einfache Produkte für schnellen Genuss zwischendurch. Sie existieren daher fast ausschließlich in einheitlichen Größen und einer simplen, geraden Zylinderform mit offenen Enden.

Bei Zigarren hingegen sind Größe, Durchmesser und Außenform ein ganzes Wissensgebiet für sich.

Beim Durchmesser, dem sogenannten Ringmaß (in der anglophonen Welt Gauge genannt), wird nach wie vor mit Bruchteilen von Zoll gearbeitet. Eine Zigarre mit Ringmaß bzw. Gauge 32/64 hat also (an der dicksten Stelle) einen Durchmesser von einem halben Zoll, beziehungsweise 12,7 Millimeter – eine eher dünne Zigarre. Zusammen mit der äußeren Form und Länge der Zigarre ergeben sich hierdurch feststehende Begriffe. Das heißt, Kenner wissen dadurch sofort, um welche Zigarrenform in welchen Abmessungen es sich handelt – wovon dann auch die typische Rauchdauer abhängt.

Tatsächlich gibt es nicht weniger als 75 unterschiedliche Zigarrennamen, von denen jeder für eine bestimmte Form in bestimmtem Ringmaß und bestimmter Länge steht. Allerdings genügt es für den Anfang definitiv, nur die wichtigsten davon zu kennen.

Wichtig: Der „Kopf“ ist das Mundende, der „Fuß“ wird hingegen angezündet:

NameFormLänge (in mm)Ringmaß (in Zoll)

Puritos
Zylindrisch mit geradem, offenem Fuß und geschlossenem, rundem Kopf
110

28-30
Petit Corona12540-42
Petit Panatela100-12036-38
Robusto120-13050-52
Corona14040-42
Panatela150-16036-38
Toro15050-52
Churchill170-18047-48

Perfecto
Tannenzapfenförmig mit spitz zulaufendem, geschlossenem Fuß und Kopf
Unterschiedlich

Unterschiedlich

Belicoso
Zylindrisch mit geradem, offenem Fuß und geschlossenem, spitzen Kopf
Unterschiedlich

Unterschiedlich

Culebra („krumme Hunde“)
In sich verdreht, da drei Stück miteinander verflochten werden
Unterschiedlich

Unterschiedlich

Ein guter Rat für Gentlemen, die noch gar keine Erfahrungen mit Zigarren haben: Bitte keinesfalls blindlings im Internet eine möglichst großformatige Zigarre mit schillernder Bauchbinde bestellen. Das geht höchstwahrscheinlich nach hinten los. Für eine solche Mission geht man(n) in ein exquisit ausgestattetes Zigarrengeschäft vor Ort und gibt unumwunden zu, ein blutiger Anfänger zu sein.

Ein guter Tabakwarenhändler wird daraufhin wissen, welche Stücke er vorschlagen muss, um einen Neuling in diese wunderbare Genusswelt einzuführen.

4. Zigarren rauchen: Genuss mit Muße

Eine Zigarette und so manchen Zigarillo kann man problemlos innerhalb von fünf Minuten in Rauch und Asche verwandeln. Und bei Shortfiller-Zigarren ist es aufgrund ihrer Trockenheit ebenfalls weitestgehend egal, wie unverblümt sie geraucht werden.

Spätestens jedoch bei einer Longfiller sollte ein Gentleman sich Zeit nehmen. Das ist kein Quickie, sondern ein Genuss für einen freien Abend. Zudem ein Vergnügen, das ähnlich zelebriert werden muss wie etwa das Einschenken und Atmen lassen eines guten Rotweines.

Wichtig: Niemals wird eine Zigarre „auf Lunge“ geraucht. Der Rauch wird nur in den Mund eingesaugt, damit er dort sein facettenreiches Aroma entfalten kann.

  • Die Zigarre sollte schnellstmöglich vom Händler in einen zuhause bereits einsatzbereiten Humidor überführt werden – ohne Umverpackung. Dieser wurde bereits tags zuvor mit Wasser befüllt, damit das Holz einen optimalen Feuchtigkeitsgrad hat. Darin darf die Zigarre nun auf ihren Einsatz warten.
  • Unmittelbar vor dem Erlebnis wird die Zigarre entnommen. Dann wird ihr Kopf entweder mit einem Cutter abgeschnitten oder mit einem entsprechenden Werkzeug angebohrt. Beim Zigarrenkauf sollte unbedingt gleich das dazu passende Werkzeug erworben werden.
  • Zum Anzünden werden ausschließlich Gasflammen sowie spezielle Zigarrenzündhölzer oder Zedernholz-Fidibusse genommen. Diese können ebenfalls beim Händler mitgekauft werden.
  • Der offene Zigarrenfuß wird leicht schräg nach unten weisend im Abstand von etwa einer Fingerbreite über die Flamme gehalten und langsam gedreht. Zeigt sich an den Seitenwänden vorn langsam ein schwarzer Rand, wird der Kopf in den Mund genommen und über der weiterbrennenden Flamme vorsichtig an der Zigarre gezogen. Wichtig: Der gesamte Fuß muss gleichmäßig glühen.

Dann heißt es zurücklehnen und entspannen. An der Zigarre wird immer nur so stark und oft gesaugt, dass sich der Körper nicht übermäßig erwärmt – andernfalls kann der Geschmack stark negativ beeinträchtig werden.

Wird die Asche zu lang, sollten keinesfalls ruckartige Bewegungen durchgeführt werden. Gentlemen streifen sie vielmehr mit Drehbewegungen im Aschenbecher ab. Dann besteht auch keine Gefahr, die Glut zu beschädigen.

Was die Dauer des Rauchens anbelangt, so rauchen Experten die Zigarre so lange, bis ihnen der Geschmack zu kräftig wird. Das ist im letzten Drittel, also hinter der Bauchbinde, der Fall. Wenn das Aroma zu intensiv wird, dann lautet die Maßgabe: Weglegen und einfach ausgehen lassen, bevor das Geschmackserlebnis ruiniert wird.

Übrigens: Zur Zigarre passt beileibe nicht nur Whisky. Kenner schwören sogar auf nicht minder edle Kaffees und insbesondere schwarze Teesorten. Ein guter Zigarrenhändler kann auch hierzu beraten – denn die Aromen können sich durchaus gegenseitig ergänzen und ein noch größeres Erlebnis erschaffen.